Interview mit Betty Heidler

In unserer Interview-Reihe darf natürlich auch das Hammerwerfen nicht fehlen. Und wer könnte dazu besser Fragen beantworten als die Weltmeisterin und ehemalige Weltrekordhalterin Betty Heidler? Wir hoffen, ihr könnt einiges daraus mitnehmen und wünschen euch viel Spaß 🙂

Wir: Wie sind Sie zum Hammerwerfen gekommen? 

Heidler: Ich habe zunächst mit der Leichtathletik begonnen, weil mir Zuhause langweilig war. Ich ging zu dem Verein in der Nähe meines Wohnhauses und wurde ich eine Gruppe integriert, die alle Disziplinen trainiert hat, der Schwerpunkt lag aber auf den Wurfdisziplinen. Nach einem Hammerwurfettkampf in Berlin sprach mich ein Hammerwurftrainer an, ob ich das nicht bei ihm in der Trainingsgruppe spezieller trainieren wollte. Ich habe es ausprobiert und bin dann dabei geblieben.

Wir: Sie haben ihre sportliche Karriere ja bereits vor über drei Jahren beendet. Wie schwer fiel Ihnen diese Entscheidung und haben Sie es jemals bereut?

Heidler: Mir fiel diese Entscheidung alles andere als schwer, denn ich hatte sie über Jahre vorbereitet. Ab den Olympischen Spielen in London 2012 trainierte ich von Jahr zu Jahr, wusste aber da schon, dass spätestens nach Rio 2016 Schluss sein sollte. Darauf habe ich mich also lange eingestellt. Es war die richtige Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt, ich bereue sie deshalb nicht.

Wir: Wie halten Sie sich aktuell fit und nehmen Sie ab und zu auch noch heute einen Hammer in die Hand?

Heidler: Ich bin momentan sehr eingebunden in der Examensvorbereitung und sitze deshalb viel am Schreibtisch. Wenn es die Zeit zulässt, gehe ich laufen oder ins Fitnessstudio. Den Hammer habe ich seit meinem letzten Wettkampf nicht mehr angefasst.

Wir: Wie oft in der Woche haben Sie zu Ihrer aktiven Zeit trainiert? 

Heidler: Im Durchschnitt 8-10 Mal in der Woche.

Wir: Wie kann man sich so eine Trainingseinheit vorstellen? 

Heidler: Das ist ganz unterschiedlich und kommt einerseits natürlich auf den Trainingsplan an oder auf die Jahreszeit. Grundsätzlich habe ich mich zunächst ordentlich und umfassend aufgewärmt. Danach ging es entweder zum Werfen in den Ring, in den Kraftraum oder auf den Platz zum Allgemeinen Training. Anschließend wurde sich noch gedehnt und die nächste Einheit mündlich vorbereitet.

Wir: Wie konnten Sie sich zu einem solchen Trainingspensum motivieren? 

Heidler: Ich wusste ja immer, warum und wofür ich es tat. Erfolg macht süchtig und ich hatte immer ein Ziel vor Augen. Außerdem hat mir das Training immer Spaß gemacht, jede Einheit war eine neue Herausforderung, um an die eigenen körperlichen und auch geistigen Grenzen zu gehen.

Wir: Was sehen Sie persönlich als ihren größten Erfolg an? 

Heidler: Das ist schwer zu beantworten. Meine Silbermedaille von London 2012 natürlich und auch mein Weltrekordwurf. Ebenso die vielen internationalen Medaillen, die ich gewinnen konnte. Aber neben den sichtbaren Erfolgen waren es auch manchmal die Niederlagen, aus denen ich mich herausgearbeitet habe, die mich ebenso erfolgreich gemacht haben.

Wir: Wie fokussieren Sie sich, um im Wettkampf Ihre volle Leistung abzurufen?  

Heidler: Auch das ist nicht so leicht zu beantworten, denn das ist eine individuelle Sache. Oft wusste ich, wie meine Trainingswerte waren und wollte ein entsprechendes Ergebnis im Wettkampf erzielen. Manchmal hatte ich einen guten Lauf, da wollte ich Spaß haben und meine Leistung einfach abrufen. Manchmal ging es auch einfach nur um den Sieg, egal welche Weite hinterher auf dem Papier stehen würde. Wichtig dabei war nur, dass ich mich auf mich konzentriert habe und unbeeindruckt von den äußeren Umständen geblieben bin – oder es jedenfalls versucht hatte. Zudem hatte ich an den Wettkampftagen einen routinierten Ablauf, der für mich die optimale Grundlage für einen erfolgreichen Wettkampf war. Außerdem habe ich meine Konkurrenz nie unterschätzt.

Wir: Wie gehen Sie mit Druck um?

Heidler: Ich habe gelernt ihn zu ertragen und als Ansporn zu sehen. Es gibt keinen Leistungssport ohne Erfolgsdruck. Ich hatte mich daran gewöhnt. Jetzt hilft es mir in anderen Situationen.

Wir: Wenn man als Mädchen mal was anderes als Turnen oder Reiten macht, gibt es ja schon mal abwertende Kommentare, mussten Sie solche Erfahrungen auch machen und was würden Sie jungen Athletinnen raten, wie sie damit umgehen können?

Heidler: Sowas habe ich noch nie gehört und ich habe diesbezüglich auch keine Erfahrungen gemacht. Tatsächlich war ich auch reiten, was ich für den Leistungssport aufgegeben habe. Ich würde jungen Mädels immer dazu raten das zu tun, worauf sie Lust haben und was ihnen Spaß macht.

Wir: Hatten Sie ein spezielles Ritual, das Sie vor jedem Wurf oder Wettkampf durchgeführt haben?

Heidler: Wie ich bereits schrieb, hatte ich immer meinen eigenen Tagesablauf am Wettkampftag. Ich hörte beim Aufwärmen immer Musik. Und vor jedem Wurf habe ich mich körperlich und geistig mobilisiert. Sowas entwickelt sich im Laufe der Zeit. Ich glaube, jeder Leistungssportler hat das.

Wir: Haben Sie schon einmal einen Wurf in einem wichtigen Wettkampf richtig verhauen und wie haben Sie es geschafft, sich danach wieder zu konzentrieren?

Heidler: Ja natürlich. Und manchmal war es nicht nur ein Wurf, sondern der ganze Wettkampf. Im schlimmsten Fall bei einer WM oder EM, bei der ich mich nicht für das Finale qualifizieren konnte. Wichtig war, dass man ungefiltert den Fehler oder die Situation analysiert und sich wieder die Abläufe ins Gedächtnis ruft, die gut funktioniert haben. Also kurz schütteln und wieder aufstehen – ein Weglaufen gab es nicht.

Wir: Was für eine Nachricht wollen Sie jungen Leichtathleten mit auf den Weg geben? 

Heidler: Ich möchte jungen Athleten nur sagen, dass sie Träume und Ziele im Sport benötigen. Das allein reicht für die Motivation und auch den inneren Schweinehund, der sich manchmal einstellt.Es lohnt sich immer für etwas zu kämpfen – der Erfolg (egal auf welchem Niveau) wird es einem zeigen und dafür lohnt es sich immer zu kämpfen!

Hinterlasse einen Kommentar

Erstelle eine Website wie diese mit WordPress.com
Jetzt starten